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30. Dezember 2010

Erst Fabrikant, dann Lehrer und Künstler

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SN vom 30. Dezember, 2010: Der Zeichungslehrer und Kunstmaler Johann Matthias Neithardt kommt wieder zu Ehren

Schaffhauser Nachrichten vom 30. Dezember, 2010
Quelle:

Der etwas in Vergessenheit geratene Schaffhauser Schlauchfabrikant, Zeichnungslehrer und Kunstmaler Johann Matthias Neithardt kommt wieder zu Ehren - im Museum zu Allerheiligen und dank Fred Lindenmann, der sich auf die Spuren seines 1886 verstorbenen Urgrossvaters begab.

von Martin Schweizer

"Biographie eines Kleinmeisters" nennt der in Pfäffikon wohnhafte Autor Fred Lindenmann seinen Aufsatz. Er hat ihn in Zusammenarbeit mit dem Schaffhauser Stadtarchiv verfasst, um das Leben seines Urgrossvaters mütterlicherseits und ehedem bekannten Künstlers Johann Matthias Neithardt (1816-1886) wieder etwas in Erinnerung zu rufen. Die mit zahlreichen Farbbildern des Malers angereicherte Broschüre kommt gerade recht, denn Neithardt ist zufällig auch in der gegenwärtig laufenden Ausstellung "Vom Munot zum Rheinfall" vertreten.

Wie der grosse Grünewald

"Nidhardt" war einst ein männ- licher Vorname, "Grünewald", der grosse deutsche Künstler der Renaissance, hiess, soweit bekannt, mit vollem Namen Mathis Gothart Nithart Grünewald. Unser Schaffhauser Matthias Neithardt wohnte in der Schaffhauser Altstadt, im - heute nicht mehr existenten - Haus "Zum grünen Wald" am Schützengraben, eine kuriose Ähnlichkeit, doch sein Biograf versichert schon im Vorwort seiner kleinen Abhandlung, der berühmte Maler habe mit seinem Urgrossvater nichts zu tun. Interessant ist die Spurensuche trotzdem: Die in Schaffhausen und vorab in Ramsen bis heute sesshaften Neidharts wurden bereits im 16. Jahrhundert ins hiesige Bürgerrecht aufgenommen, der 1782 geborene Vater des Malers, Hans Jakob Neithardt, war Bäcker, hatte sechs Kinder aus erster Ehe und neun aus zweiter Ehe, unter ihnen gab es gemäss den Nachforschungen von Lindenmann Strumpfstricker, Maurer und Musikanten.

Lehrer auf Lebenszeit

Sohn Matthias soll bereits mit 17 Jahren exzellente Proben seines zeichnerischen Talentes geliefert haben. Mit 30 Jahren heiratete er Margaretha Sprenger von Eglisau. Auf einer extra angefertigten und beschrifteten Zeichnung outet sich der verliebte Bräutigam: "Das Auge sieht den Himmel offen/Es schwelgt das Herz in Seligkeit." Doch der Alltag folgte auf dem Fuss: Vater Sprenger war Schlauchfabrikant, Schwiegersohn Matthias stieg folgerichtig für kurze Zeit in den Betrieb ein, ehe er nach einer Lehrtätigkeit in Feldkirch und an der Realschule Schaffhausen anno 1851 als Zeichnungslehrer ans Gymnasium gewählt wurde. Den Posten erhielt er auf Lebenszeit - und als Nachfolger des legendären Lehrers und Künstlers Johann Jakob Beck, der bekanntlich den Munot vor dem Abbruch bewahrte.

Engagement im Kunstverein

Matthias Neithardt war wie Beck ein hervorragender Zeichner, beherrschte alle damals üblichen Maltechniken und zählte zu den "ungewöhnlich begabten" Schweizer Künstlern, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts regelmässig an den sogenannten "Turnus-Ausstellungen" teilnahmen. Neithardt engagierte sich zudem im Schaffhauser Kunstverein, der 1848 im "Thiergarten" gegründet wurde. 33 Männer waren damals dabei, einige von ihnen machten allerdings gleich wieder einen Rückzieher, als es um die "Erhebung von Jahresbeiträgen" ging. Sie handelten voreilig, denn die Zusammenkünfte waren anfänglich offenbar recht munter, man wurde auch mit einem Schübling verköstigt, und Spassvogel Hans Jakob Beck pflegte für die Mitglieder jeweils eigens die Messer zu wetzen.

Guter Nebenverdienst

Im Laufe der Jahre legte sich der Kunstverein mit Ankäufen eine bescheidene Sammlung zu, einige Ölbilder, Kupferstiche, Lithografien, Zeichnungen. 1879 erwarb der Kunstverein auch ein Bild seines Vorstandsmitgliedes Neithardt, einen "Rheinfall bei Morgenbeleuchtung". 800 Franken bekam der Maler dafür, was laut Lindenmann sechs Monatsgehältern eines Zeichnungslehrers entsprach. Anscheinend hat Neithardt neben seinem Beruf auch sonst mit Bilderverkäufen anständig verdient. So konnte er seinen sieben Kindern eine gute Ausbildung, seinem jüngsten Sohn sogar ein Medizinstudium ermöglichen. Elf Jahre nach dem Tod seiner Ehefrau, am 27. Juli 1886, stirbt Matthias Neithardt, nach kurzer Krankheit und noch bis zuletzt als Lehrer tätig. Seine Werke befinden sich heute in Privatbesitz und im Museum zu Allerheiligen, wo mit Hortensia von Roda die nächste Führung zur aktuellen "Rheinfall"-Ausstellung am 11. Januar stattfindet.

Johann Matthias Neithardt (1816-1886), "Biographie eines Kleinmeisters" von Fred Lindenmann, 124 Seiten, 18 Franken, erhältlich im Schaffhauser Stadtarchiv.


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